Wir müssen reden
Wir müssen reden

Wir müssen reden

Diese drei Wörter hört man selten gern. Hier stehen sie aber nicht für den Anfang vom Ende einer Beziehung. Stattdessen laden ein zu neuen Partnerschaften und verstärkter Zusammenarbeit. Anna Pougin, Leiterin der Innovation Domain Materials for Hydrogen Infrastructure, skizziert wie das Zusammenspiel von Maschinen und Spezialchemie den dringend nötigen Wandel voranbringt.

Ich habe diesen Artikel mit einem kurzen, oft gefürchteten Satz überschrieben. Nicht um eine Beziehung zu beenden, sondern um zu neuen Partnerschaften einzuladen und um Zusammenarbeit zu stärken. Warum? Weil die Schlüsseltechnologien für die dringend nötige Transformation, nur im Zusammenspiel von Maschinen und Spezialchemie zustande kommen. Also ja, Chemiker und Ingenieure müssen reden. Aber wenn sie es tun, kann Großes entstehen. Nehmen Sie Windkrafträder: Siemens Gamesa testet gerade im Norden Dänemarks einige der größten Windräder der Welt. In der Windkraft ist die Rechnung einfach: Je größer, desto besser. Mit längerem Rotor und damit größerer Rotorfläche, wird die vom Windrad geerntete Energie umso grüner. Jedoch wachsen mit der Bauhöhe auch die äußeren Belastungen. Diesem Stress halten Windräder nur stand, wenn sie aus starkem Material gebaut sind. Das heißt in diesem Fall aus hoch spezialisierten Materialien. Hier arbeiten Maschinenbau und Spezialchemie perfekt zusammen.
Die Rotoren der Windräder von Siemens Gamesa sind imprägniert mit einem Kunstharz, in dem Siliziumdioxid die Lebensdauer verlängert – beides hat Evonik entwickelt. Ein Strukturschaum von Evonik hilft beim Leichtbaudesign und eine Schutzbeschichtung von Evonik schützt die Rotoren vor Beschädigung. Wenn das Windrad von Siemens Gamesa in Østerild 2024 in Betrieb geht, wird es eine Nennleistung von 14 Megawatt haben und in der Spitze sogar 15 Megawatt erreichen – Leistungsdaten, die bis vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar schienen.

Das ist genau die Sorte großtechnische Lösung, die wir brauchen, um den Klimawandel zu bremsen. Kleine Tropfen hier und da im Ozean werden einfach nicht reichen. Und das Windkraftrad ist nur ein Beispiel dafür, wie Chemie innovatives Engineering ermöglicht.

Während also die Chemie einerseits Teil des Klimaproblems ist und weiter daran arbeiten muss nachhaltiger zu werden, ist sie andererseits auch Teil der Lösung. Unser Fußabdruck ist bedeutsam, unser Handabdruck aber auch. Die meisten Menschen kennen das Konzept des ökologischen Fußabdrucks. Er beschreibt den negativen Einfluss, den ein Individuum, ein Unternehmen, eine Branche oder dergleichen, auf die Umwelt hat. Der Handabdruck ist das Gegenstück dazu, das deren positiven Einflüsse herausstellt. Um den Energiebedarf für eine chemische Reaktion zu senken oder ein bestimmtes Produkt zu erhalten, nutzt man Katalysatoren. In Trennverfahren setzt man auf Membranen, um gezielt Moleküle zu geleiten. Ebenso in der Elektrolyse, wo Membranen Hydroxid-Ionen leiten. Schutzschichten aus Polymer bewahren Stahl davor, von Wasserstoff versprödet zu werden. Alles das vergrößert unseren positiven Handabdruck.

Das gilt auch für unsere weiteren Lösungen in der Wasserstoffwirtschaft. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette liefert die Chemie hier Katalysatoren, Membranen und Additive. Wieder sind wir Teil des großen Ganzen. Um unser Ziel zu erreichen und bis 2040 klimaneutral zu werden, brauchen wir grünen Wasserstoff als saubere Energiequelle, auch um die vielen Schlüsselprodukte herzustellen, die weitere nachhaltige Technologien erst möglich machen.

Also nicht erschrecken, wenn ich sage: „Wir müssen reden!“ Kommen Sie, lassen Sie uns reden!